Von Kay von Keitz

Mit traditionellen künstlerischen Produkten beteiligen sich die konzeptionell agierenden Künstler Endre Tót, Matthias Groebel und Joseph Nechvatal an höchst unterschiedlichen Bildwelt-Diskursen. Allen dreien dient als zentrales Medium der in diesem Jahrhundert oft und gerne totgesagte Archetyp ,,Farbe auf Leinwand".

Der US-Amerikaner Nechvatal (Jahrgang 1951) kommt zu seinen Tafelbild - Ergebnissen mit Hilfe des Computers: Er scannt eigene Zeichnungen und ,,gefundenes" Bildmaterial ein, komponiert daraus neue Bilder und läßt diese von selbstentwickelten Virenprogrammen ,,zerfressen". Das apollinisch - dionysische Werk der Viren im Zuge Ihrer Zerstörungsarbeit hinterlassen sie opulente Neukreationen führt zu psychedelisch-ornamentalen Bildnissen in Acrylfarbe, bei denen das eine oder andere Ausgangsmotiv noch erkennbar ist. So reichhaltig das medial-philosophische Angebot auch ist, das Nechvatals Manipulationen Iiefern als Bilder bleiben sie mit dem computerästhetischen Makel der Sterilität und Untiefe behaftet.

Ganz anders dagegen Nechvatals in Durchpaustechnik angefertigte Bleistiftzeichnungen aus den 80er Jahren, die derselben Grundidee folgen. Die von Vorlagen stammenden, einander übelagernden Motive erzeugen zusammen mit einer alles überdeckenden Frottagestruktur eine Art von geheimnisvollem, zeichnerischem Rauschen, das stilistische Zeitlosigkeit und atmosphärische Intensität erzeugt.

Groebel (Jahrgang 1958) arbeitet ebenfalls mit den Hilfsmitteln Computer und ,,Malmaschine". Den Stoff, aus dem er seine Gemälde macht, findet er inmitten der Bilderflut der Fernsehkanäle. Aus anonymen TV -Sequenzen wählt der Kölner jeweils ein oder mehrere Standbilder aus, die er digital bearbeitet.
Durch eine von ihm entwickelte Apparatur wird das Bild dann Schicht für Schicht auf die Leinwand gebracht. Die vergrößerten, farblich veränderten Fernseh-BiIder in Acryl weisen eine gewisse ,,Körnigkeit" und Unschärfe auf. Die MenschendarsteIlungen, die Groebel ihres Zusammenhangs beraubt, versieht er häufig mit Texteinblendungen oder Titeln, die aus anderen TV-Sendungen stammen. So manipuliert Groebel die Bedeutungszuschreibungen der Betrachter, die den ursprünglichen Kontext nicht kennen. Eine sechsteilige Arbeit zeigt das Gesicht und verschiedene Körperpartien einer Frau, die sich im Wasser befindet. Bewegung, Hände, auffällige Mimik und dazu die Bildtexte ,,first child" und ,,this summer". Was also sieht man - einen Dokumentarfilm über sanftes Unterwassergebären oder eine Pornoszene im Pool? Groebel macht sich die alte Erkenntnis zunutze, daß Montage und Kommentar die Bedeutung von Bildern bestimmen. So schafft er irritierende Zwittermotive und Mehrdeutigkeiten, die den flüchtigen TV-Kreationen Gewicht verleihen und hebt durch das Medium Malerei Sekundenbruchteile eines inflationären elektronischen Bilderkosmos in die exklusiven Sphären von Einmaligkeit und Dauer.

Der 1938 in Ungarn geborene Tót hingegen ,,malt" Bildlegenden in einer Schablonentypographie, die an die 20er Jahre erinnert. Die dazugehörigen Bilder - von Dix, Kandinsky oder Moholy-Nagy werden auf weißer Leinwand originalgroß als Rechtecke aus scharzen Linien repräsentiert.

Zu dem erfreulichen Vorhaben der Galerie Berndt. drei Positionen der ,,Malerei ohne Malerei" vorzustellen, ist allerdings zu bemerken: Tót. Nechvatal und Groebel benutzen Malerei als Vehikel zur Weiterverarbeitung bereits geformter Bilderwelten.

Galerie Berndt, St -Apern-Str 17-21 Di-Fr 11-18. Sa 11-14. bis Mitte Juni.