DRUCK-VERSION 26.04.02




Anerkannte Qualität, historische Positionen



An diesem Wochenende ist es wieder so weit: Die Kölner Galeristen blasen zum großen Halali und präsentieren - um im Bild zu bleiben - dem Kunstpublikum die aktuelle Beute.

Umtriebigkeit gehört zum Geschäft, zudem ist die Kundschaft mit den Jahren anspruchsvoller geworden und erwartet von der Szene ein bestimmtes Niveau. Insbesondere zu den „Premieren“, die - auch wenn sie in die Jahre gekommen sind und sich ihr früher einmal scharf gezogenes Profil ein wenig verweichlicht hat - von den Galeristen immer noch als besondere Herausforderung begriffen werden. Und das umso mehr, als im Documenta-Jahr viel internationales Publikum erwartet wird: liegt Köln doch strategisch günstig zwischen Kassel und Basel, wo Mitte Juni ja die 33. Art Basel ihre Pforten öffnet.

Einen der „Kernkünstler“ der Documenta 11 nach Köln geholt zu haben rühmt sich die Galerie Krings-Ernst. Sie präsentiert den 1930 in Randfontein, Südafrika, geborenen Fotografen David Goldblatt. Goldblatt, dem das Museu d’Art Contemporani in Barcelona kürzlich eine große Retrospektive widmete, befasst sich vor allem mit den gesellschaftlichen, sozialen, politischen und kulturellen Strukturen seiner Heimat. In der in Köln gezeigten neuen Serie von Farbfotografien fokussiert er allerdings ein anderes Land: Australien. Im Mittelpunkt des Zyklus steht die kleine Asbestminen-Stadt Wittenoom.

Schon seit längerem auf Kunst aus Südafrika spezialisiert ist die Galerie Seippel, die mit David Koloane (geb. 1938) einen vielseitigen Mann vorstellt: Koloane ist in den letzten Jahrzehnten nicht nur als Künstler, sondern sowohl als Initiator vieler Workshops innerhalb und außerhalb Südafrikas als auch als Kurator von Ausstellungen und als Kunstkritiker hervorgetreten. In seiner ersten Einzelausstellung in Deutschland zeigt er unter dem Titel „Johannesburg Blues“ Leinwände und Zeichnungen, die sich mit der politischen wie sozialen Situation der schwarzen Bevölkerung in Südafrika befassen.

Wie gesagt: Die „Premieren“ werden schon lange nicht mehr so richtig beim Wort genommen in dem Sinne, dass man jungen Künstlern ihre erste Galerie-Ausstellung einrichtet. Stattdessen rückt oft bereits anerkannte Qualität in den Vordergrund, und dies bedeutet zumeist eine Besinnung auf eher historische Positionen. So gibt es in diesem Jahr gleich zwei Ausstellungen von bedeutenden Malern der Nachkriegszeit: Die Galerie Aurel Scheibler zeigt anlässlich des 100. Geburtstags von Ernst Wilhelm Nay (1902-1968) Ölbilder und Originalmanuskripte, die Orangerie-Reinz präsentiert den Maler Otto Ritschl (1885-1976).

Aber es gibt auch viel Malerei von Künstlern der jüngeren Generation: „Reality Revisited“ bei Kudlek beispielsweise versammelt sieben zeitgenössische Positionen, Einzelausstellungen von Thomas Eggerer (Buchholz), Markus Willeke (Fiebach & Minninger), Erik Parker (Jablonka Galerie Linn Lühn) oder Stefan à Wengen (Fehrking Wiesehöfer) bieten ein breites Spektrum unterschiedlichster Ansätze.

Auffallend sind in diesem Jahr zwei Positionen konzeptueller Kunst: Die Galerie Rehbein zeigt mit William Anastasi (geb. 1933 in Philadelphia) einen der ersten „klassischen“ Konzeptkünstler, die in den frühen 60er Jahren, ganz der Tradition Duchamps und der Dadaisten verpflichtet, für eine radikale Abkehr vom traditionellen, ästhetisch dominierten Kunstverständnis eintraten. Anastasi schließt alles über den bloßen Eigenwert der Dinge Hinausgehende aus: Jedes Objekt ist es selbst und nichts anderes. Statt zu erfinden oder zu erhöhen, nimmt er Verschiebungen vor, die den Status der unmittelbar gegebenen Realität hervorheben.

Mit Stabarbeiten von Andre Cadere (1934-1978) bestückt Almut Gerber ihren Raum in der Albertusstraße 4, den sie im Juni nach sechs Jahren und 35 Ausstellungen schließen wird. Der Konzeptkünstler, über dessen Werk ein Kritiker einmal schrieb: „Er ist und bleibt ein Fall für Spezialisten“, wurde durch seine aus bunten Holzstücken zusammengesetzten Stäbe bekannt. Mit diesen mobilen Kunstwerken besuchte Cadere wie ein Pilger auf Wanderschaft die damals wichtigen Orte des „Betriebssystem Kunst“ und besetzte sie in strategisch-subversiver Manier. Posthum markieren seine Stäbe nun den Kehraus des Mini-Kunstraums in der Kölner Innenstadt: Ein angemessener Abgang zu den „Premieren“.

Während der Premierentage bieten fast alle Galerien verlängerte Öffnungszeiten: Fr, 26. April, 18 bis 22 Uhr, Sa, 27. April, 11-16 Uhr. Das vollständige Programm ist „Ticket“ zu entnehmen.





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