Barbara Borek review of bOdy pandemOnium :
Immersion into Noise at
Art Laboratory Berlin in Art in Berlin
frOnt windOw retinal autOmata, 2012, computer-robotic
assisted paintings, 2x2m
Die neue
Ausstellung im Art Laboratory Berlin prŠsentiert Arbeiten des US-amerikanischen
KŸnstlers Joseph Nechvatal. Sie fŸhren in ein postkonzeptuelles Werk, das
mittels Computer-Robotik und Software Animation eindrucksvolle und alle Sinne
ansprechende Momente zwischen Bewegung und Stillstand, zwischen Kommunikation
und Besinnen, zwischen Leben und Tod sucht und findet.
Es ist die
erste Einzelausstellung von Joseph Nechvatal in Berlin, eine visuelle Reise
durch unsere Kšrper. Der KŸnstler, 1951 in Chicago geboren und u.a. als Dozent
an der School of Visual Arts (SVA) in New York tŠtig, beschŠftigt sich seit
1986 mit elektronischer visueller Information und den Mšglichkeiten der
Computer-Robotik. Er begibt sich immer wieder auf kŸnstlerische Erforschungen
des viralen kŸnstlichen Lebens, auch auf theoretischer Ebene in seinen Essays
und anderen Schriften. 2001 erschien die Publikation Immersion into Noise, die
2013 eine wichtige Grundlage fŸr sein Projekt Noise auf der 55. Internationalen
Kunstausstellung in Venedig war, 2014 die Buch-CD Minoy.
Die beiden
âGemŠldeÔ im ersten Ausstellungsraum der aktuellen Schau zeigten
Monitoraufnahmen, die vom KŸnstler mit einer Software bearbeitet wurden: frOnt
windOw retinal autOmata (2012) und rear windOw curiOsite«s (2012). Die
ursprŸnglichen, von Nechvatal ausgewŠhlten und angepassten Ausschnitte stammen
aus Online-Archiven fŸr medizinische Darstellungen. Die Verwendung des C++
Virusprogramms, in Zusammenarbeit mit dem Programmierer Stephane Sikora
entwickelt, verŠndert die Darstellungen der am hšchsten und am niedrigsten
gelegenen …ffnungen des menschlichen Kšrpers, der nach Au§en und nach Innen
weisenden, šffentlichen und intimen Stellen: Auge und Rektum als Šsthetische
Konstrukte.
Sein Interesse an deren âZwischenraumÔ erweitert sich auch in
der Anordnung der Bilder, die in ihrem quadratischen Format von 2 x 2 Metern,
exakt vis-ˆ-vis und knapp Ÿber dem Boden hŠngend, die Kšrper-Ordnung symbolisieren.
ErgŠnzt werden die Stills durch die Videoarbeit Viral Venture (2011), eine
knapp einstŸndige Projektion, in der die Bearbeitung durch das Virusprogramm
immer neue Bilder entstehen lŠsst. Begleitet durch ein StŸck fŸr 200 E-Gitarren
des Komponisten Rhys Chatham ziehen Lichtelemente in Einzel- und
Mehrfachstrukturen Ÿber FarbflŠchen, formen sich Felder, lšsen sich wieder auf
É
Dieses
ãvisuelle und konzeptionelle RauschenÒ, so das Kuratoren Team Regine Rapp und
Christian de Lutz, ãumfasst eine Analyse der Kunstgeschichte von Lascaux Ÿber
die gotische Kunst bis zur Rokoko Architektur und weiter zur modernen und
zeitgenšssischen Kunst.Ò Die vielschichtigen Werke, die sich vor dem Publikum
in ihren Ebenen entfalten, nehmen Leonardo da Vincis Komposition von Kreis und
Quadrat auf, knŸpfen an die €sthetik des Zufalls von Marcel Duchamps und John
Cage an und lassen Kunst, Theorie und Poetik miteinander kommunizieren. Die
Vielschichtigkeit durchzieht Nechvatals Werk auf allen Ebenen, formt
Assoziationsketten, die kultur- und gesellschaftsgeschichtliche Aspekte
verbinden. So weisen seine Arbeiten Ÿber die Computer-Viren auf die durch den
HI-Virus ausgelšste Krankheit Aids hin, zielen auf politische Fragestellungen
wie die zunehmende private und šffentliche †berwachung und verbinden
intellektuelle mit kšrperlichen Erfahrungen.
Nechvatal
fordert sich und sein Publikum immer wieder auf, Prozesse zu begleiten, zu
entschlŸsseln, zu zerlegen und neu zu gestalten. Ein intensiver Prozess mit
hohem Šsthetischem Anteil. Sehens- und bedenkenswert!
Dr. Barbara Borek
rear windOw curiOsitŽs, 2012, computer-robotic assisted paintings, 2x2m
bOdy
pandemOnium. Immersion into Noise
bis 21.
Juni 2015
13359
Berlin
Curators: Regine Rapp &
Christian de Lutz
Fr-So
14-18 Uhr und nach Vereinbarung